Dienstag, 15. August 2017

Rotes Kennzeichen für Motorradhändler - was ist zu beachten?

Verwendung ausschließlich für betriebliche Zwecke

Die Kanzlei Voigt veröffentlicht regelmäßig in der „bike und business“ aktuelle Urteile und andere branchenrelevante Verkehrsrechtsthemen. Wir möchten Ihnen die nachfolgenden Informationen zum roten Kennzeichen zur Verfügung stellen:

Das rote Kennzeichen zählt zu den wichtigsten Bestandteilen der Betriebsausstattung und wer es lange besitzt, betrachtet es mitunter als „gegeben“. Dies kann – ohne bösen Willen – dazu führen, dass er es auch außerhalb des eigentlichen Bestimmungszwecks nutzt, oder es mit dem Eintrag ins Fahrzeugscheinheft nicht ganz so genau nimmt. Wenn allerdings die Behörde davon erfährt und der Widerruf mangels Zuverlässigkeit droht, wird schnell klar, dass das rote Kennzeichen eben keine Selbstverständlichkeit ist (vgl. VG Koblenz vom 24.09.2015, Az.: 5 L 794/15.KO).

Für welche Zwecke darf das rote Kennzeichen eingesetzt werden?

Die zulässigen Fahrten sind in § 16 Abs. 3 S. 5 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) abschließend geregelt: Es sind Prüfungs-, Probe- oder Überführungsfahrten. Was darunter im Einzelnen zu verstehen ist, definiert § 2 FZV.

Die Prüfungsfahrt dient der „Prüfung des Fahrzeugs durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr oder Prüfingenieur einer amtlich anerkannten Überwachungsorganisation einschließlich der Fahrt des Fahrzeugs zum Prüfungsort und zurück“ (§ 2 Nr. 24 FZV). Als Probefahrt ist „die Fahrt zur Feststellung und zum Nachweis der Gebrauchsfähigkeit des Fahrzeugs“ (§ 2 Nr. 23 FZV) definiert und die Überführungsfahrt dient dazu, das Fahrzeug an einen anderen Ort zu überführen (§ 2 Nr. 25 FZV). Damit ist eigentlich alles gesagt.

 Aber auch hier steckt der Teufel im Detail. Selbst wenn eine Fahrt der Überprüfung oder der Feststellung der Gebrauchsfähigkeit dient, darf das Fahrzeug nur dann in Betrieb genommen werden, wenn es technisch und ordnungsrechtlich den Straßenverkehrsvorschriften entspricht (VG Gera, vom 20.04.2016, Az.: 3 E 201/16 Ge). Fahrten mit „Schrott auf zwei Rädern“ oder individuell getunten Bikes sollten daher tunlichst unterbleiben; es sei denn die Fahrt erfolgt – anlässlich Prüfung und der Eintragung in die Fahrzeugpapiere – zum Prüfungsort.

 Die Wochenendausfahrt des Kunden ist keine Probefahrt

Eine Probefahrt muss nicht immer kurz sein. Abhängig von den durchgeführten Arbeiten oder dem Erprobungszweck, kann sie sich auch über einen längeren Zeitraum erstrecken, wenn die Feststellung der Gebrauchsfähigkeit dies erfordert. Die Überlassung des Bikes an einen Kaufinteressenten, damit dieser die Langstrecken- und Kurventauglichkeit über mehrere Tage ausgiebig „testen“ kann, dürfte allerdings eher nicht dazu gehören und als missbräuchliche Verwendung gewertet werden (vgl. Bayerischer VGH v. 07.12.2009, Az.: 11 ZB 09.1659). Dasselbe gilt, wenn das rote Kennzeichen einem Kunden überlassen wird, damit dieser das gekaufte Fahrzeug am bevorstehenden Wochenende nutzen kann (LG Berlin v. 26.11.2003, Az.: 17 O 329/02). Auch der Besuch einer Diskothek dürfte nicht als Erprobung zu betrachten sein, auch wenn sich der „Imponierfaktor“ sicherlich trefflich testen lässt (vgl. OLG Köln v. 02.02.2010, Az.: 9 U 133/09).

 Von dem Verleih des Kennzeichens an Dritte ist dringend abzuraten!

Wer mit dem Gedanken spielt, das Kennzeichen an Dritte zu verleihen, sollte sich dies gut überlegen. Schließlich bezieht sich die Zuteilung nur auf die Verwendung in dem jeweiligen Betrieb (vgl. VG Kassel, v. 13.08.2015, Az.: 1 L 894/15.KS). Wer das Kennzeichen an unzuverlässige Personen verleiht, die dies ihrerseits an Dritte weiterreichen, darf sich daher nicht wundern, wenn die Behörde die Zuteilung widerruft (vgl. VG Neustadt (Weinstraße) vom 22.03.2010, Az.: 3 K 1150/09). Dasselbe gilt, wenn sie den Vorwurf der Kraftfahrzeugsteuerhinterziehung gemäß §§ 370 Abs. 2 AO erheben sollte.

 Missbrauch schränkt den Versicherungsschutz ein!

Auch mit Blick auf den Versicherungsschutz, sollte das rote Kennzeichen nur innerhalb des vorgegebenen Zwecks verwendet werden. Wenn der Kunde das Kennzeichen – ohne Wissen des Händlers – abredewidrig an weiteren Fahrzeugen oder bei Spaßfahrten einsetzt, kann der Versicherer bei einem Unfall sowohl in Haftpflicht als auch in Kasko leistungsfrei sein (BGH v. 28.06.2006, Az.: IV ZR 316/04; vgl. LG München I, vom 20.12.2011, Az.: 26 O 2833/11) bzw. regressieren.

Praxistipp

Das OVG Nordrhein-Westfalen hat in einem Beschluss vom 4.11.1992 (Az.: 13 B 3083/92) deutlich auf den Punkt gebracht, weshalb mit dem roten Kennzeichen nicht zu spaßen ist: „Diese Befugnisse, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Schutz der übrigen Verkehrsteilnehmer stehen, erfordern die absolute Zuverlässigkeit des Inhabers eines roten (Dauer-) Kennzeichens; es muss gewährleistet sein, dass dieser die ihm mit der Zuteilung obliegenden Verpflichtungen korrekt einhält.“

Das rote Kennzeichen sollte daher behandelt werden, wie der sprichwörtliche Augapfel und– im eigenen Interesse – ausschließlich zu betrieblichen Zwecken verwendet werden. Dasselbe gilt für die Führung des Fahrzeugscheinhefts

Bei weiteren Fragen, wenden Sie sich gerne an uns.

Der Autor des Artikels in der bike und business vom 20.06.2017, Dr. Wolf-Henning Hammer, ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH, Dortmund.

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